Darum geht es:
Es geht darum, dass alle Bürger*innen, Firmen und sonstigen Organisationen einen schnellen, sicheren und auch klimafreundlichen Zugang zum Internet haben.
Warum ist Breitbandausbau wichtig?
Der Breitbandausbau ist wichtig, damit alle Zugang zu Breitbandinternet haben. Dafür das anzustreben, gibt es viele Gründe:
- Teilhabe ermöglichen: Gesellschaftliches Leben spielt sich mehr und mehr digital ab. Seien es soziale Medien oder die Serienkultur, die mit Streamingdiensten Einzug in die Haushalte genommen hat. Hieran kann nur teilhaben, wer auch schnelles Internet hat. Dabei ersetzen diese digitalen Lebenswelten das physische Miteinander nicht, sondern ergänzen es.
- Barrieren abbauen, Beteiligung steigern: Die Hürde an digitalen Beteiligungsformaten teilzunehmen ist oft geringer, da An- und Abreise entfallen. Das ist gut für Menschen mit Behinderung und für die Vereinbarkeit mit der Familie.
- Gut für das Land: Schnelles Internet zeigt neue Perspektiven für den ländlichen Raum auf. Nachdem viele Tätigkeiten inzwischen digital ausgeübt werden können, besteht hier das Potential der Landflucht entgegenzuwirken.
- Gut für die Wirtschaft: In Regionen mit Breitbandinternet finden mehr Innovationen statt und vor allem kleine und mittelständische Unternehmen profitieren.
- Gut für das Klima: Erfolgt der Ausbau via Glasfaser, lässt sich gegenüber herkömmlichen Kupfernetzen (DSL oder TV-Kabel) Energie einsparen. Außerdem können nur auf Basis eines breitbandigen Internetanschlusses weitere Maßnahmen mit positiver Klimabilanz (Stichwort Smart Traffic, Smart Cities) realisiert werden.
Status quo:
Eine Studie im Auftrag des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation (hier deutet schon der Name an, wie kritisch die Studie zu bewerten ist) sprach unlängst (07/2020) davon Deutschland seie 2022 die Nummer 1 bei Gigabit-Internetanschlüssen in Europa. Dann wären nach Berechnung der Studie 89 % der Haushalte in Deutschland mit Gigabit an das Internet angebunden. Dabei gibt es einen Fehler (für Genießer*innnen zur Herkunft des Ausspruchs Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast): Den Weg in die Gigabitgesellschaft hat der überwiegende Teil der Bürger*innen über Kabel-Internet (genauer: Dort über den DOCSIS 3.1 Standard) gefunden, nur rund ein Viertel der Haushalte ist über Glasfaserinternet angebunden.
Das ist aus vielen Gründen schlecht: Zu aller erst ist das TV-Kabelnetz im Vergleich zu Glasfaser ein echter Klimakiller. Hier gab es aktuell (2020) ein Gutachten der TH Mittelhessen in Bezug auf den Energiebedarf von Glasfasernetzen und von VDSL. Danach ist der Energiebedarf VDSL-Netzen (abhängig vom Auslastungsgrad) mehr als fünf Mal so hoch wie der von Glasfasernetzen. Für Kabelnetze ist zu vermuten, dass die Energiebilanz sogar noch schlechter ist (dazu Mark Hankmann in der MediaLABcom). Auch ist man über Kabel-Netze nicht wirklich Teil der Gigigabit-Gesellschaft, denn das Gigabit gilt nur für die Download-Geschwindigkeit. Beim Upload (also, dem Senden eigener Inhalte in das Internet) sind die Geschwindigkeiten des Kabel-Internets teilweise sogar erheblich geringer als die des herkömmlichen DSLs. Das kann ganz praktisch zu Problemen führen, wenn mehrer Haushaltsmitglieder an Videokonferenzen teilnehmen möchten. Es verhindert aber auch, dass Einzelne selbst zu Anbieter*innen von Inhalten werden und arbeitet damit gegen das Idealbild eines offenen Internets. Zuletzt ist die Grenze der Leistungsfähigkeit von Kupferleitungen nahezu erreicht. Demgegenüber sind die Bandbreiten die über Glasfaser möglich sind nahezu unbegrenzt.
Bei der Diskussion um den Breitbandausbau ist also eine Prämisse wichtig: Echtes, nachhaltiges Breitband bedeutet Glasfaser. Weder das Internet über TV-Kabel noch (S)VDSL können eine vergleichbare Zukunftsfestigkeit bieten (Dazu auch das Frauenhofer ISI in einer Studie zum Glasfaserausbau in Baden-Württemberg, ab S. 9)
Der Glasfaserausbau kommt allerdings nicht gut voran (dazu bereits oben). Die Bundesregierung hat versucht, dem mit viel Geld über das Bundesförderprogramm Breitband beizukommen. Abgesehen davon, dass die vom Bund bereitgestellten Mittel von rund 11 Milliarden Euro nicht für einen flächendeckenden Glasfaserausbau reichen (hierfür bräuchte es nach einer Studie des TÜV Rheinland aus 2013 ca. 90 Milliarden), führen auch diese „Breitbandmilliarden“ nicht zu dem gewünschten Erfolg: Die Hälfte der Mittel ist, ein Jahr vor dem Ende des aktuellen Förderprogramms, noch nicht zugewiesen und nur ein Bruchteil durch die Kommunen abgerufen (BT-Dr. 19/21141). Ganz überwiegend erfolgt der Ausbau im Wege der sogenannten Wirtschaftlichkeitslückenförderung, lediglich in Baden-Württemberg überwiegend im Betreibermodell.
Im Mobilfunkbereich gibt es leider immer noch viele weiße und graue Flecken, insbesondere im ländlichen Raum. Auch Bahnstrecken und Autobahnen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit schnellem mobilen Internet erschlossen. Der Ausbau von 5G geht zwar nach Berichten der Tagesschau in Deutschland schnell voran allerdings erfüllt das, was ausgebaut wird, häufig noch nicht die von 5G erhofften Verbesserungen in Datendurchsatz und Latenz. Das wiederum liegt daran, dass im aktuellen Ausbau 5G häufig „Huckepack“ auf der bestehenden 4G Infrastruktur betrieben wird, weil die Anbieter noch keine 5G-Kernnetze (YouTube-Link zu einem Erklärvideo) aufgebaut haben. Die Anwendungen, die für 5G beispielsweise im Smart Traffic Bereich vorgesehen waren, bleiben so also leider vorerst außen vor.
Wie kommen wir hier voran:
Der Hemmschuh: Komplexität des Förderverfahrens
Der größte Hemmschuh des Breitbandausbaus ist die große Komplexität des Förderverfahrens. Wenn Landkreise sagen, sie kämen ohne die Förderung besser zurecht, dann illustriert das anschaulich, wie schlecht die aktuellen Verfahren sind. Der Bund gewährt über das Bundesförderprogramm Kommunen einen Zuschuss von maximal 50 % der Projektkosten. Die übrigen 50 % können die Kommunen allerdings in den wenigsten Fällen selbst tragen. Deswegen gibt es in den meisten Bundesländern eigene Breitbandförderprogramme, die entweder selbstständig in Anspruch genommen werden können oder aber die Bundesförderung bis zu einer Gesamtförderung von 90 % der Projektkosten ergänzen (bei finanzschwachen Kommunen oder solchen in der Haushaltssicherung oft auch bis zu 100 %). Für antragstellende Kommunen bedeutet dies, dass sie entweder den Verwaltungsaufwand von zwei Förderverfahren – zwei Mal sind Anträge zu stellen, zwei Mal sind Verwendungsnachweise zu führen usw. – bewältigen oder aber einen höheren Eigenanteil aufbringen müssen (die Landesförderprogramme finanzieren, wenn sie selbstständig in Anspruch genommen werden, in der Regel nicht 90 % der Projektkosten) oder insgesamt weniger Förderung erhalten (die Summer der kombinierten Förderung von Bund und Land ist in der Regel höher als ein alleiniges Förderprogramm).
Eine Vereinfachung dieses Verfahrens wäre aufgrund des verfassungsrechtlichen Kooperationsverbots allerdings nur durch eine Änderung des Grundgesetzes, nämlich der Schaffung einer Gemeinschaftsaufgabe, möglich – dann könne es allerdings ein einheitliches Förderverfahren bei einer zentralen Stelle geben. Da diese Gemeinschaftsaufgabe nur eine Aufgabe auf Zeit, nämlich bis zur Verwirklichung des Breitbandanschlusses aller Bürger*innen wäre, wäre der Eingriff in die föderale Struktur der Bundesrepublik von überschaubarer Intensität.
Das Betreibermodell: Der richtige Weg.
In der aktuellen, komplexen Förderlandschaft greift der Großteil der Kommunen zur Förderung im sogenannten Wirtschaftlichkeitslückenmodell. Dabei übernimmt ein Kommunikationsnetzbetreiber den Ausbau in einem Gebiet, in dem der Ausbau für diesen eigentlich unwirtschaftlich wäre und erhält für die dadurch entstehende Wirtschaftlichkeitslücke einen staatlichen Zuschuss (Beihilfe). Die Alternative dazu ist das Betreibermodell. Bei diesem wir die passive Infrastruktur (Leerrohre, unbeschaltete Glasfasern) durch die öffentliche Hand verlegt und anschließend den Netzbetreibern als Pächtern zur Verfügung gestellt.
Das Betreibermodell ist für die Kommune komplexer. In der Regel hat eine einzelne Kommune nicht die notwendige „kritische Masse“, um selbst wirtschaftlich eigene Infrastruktur betreiben zu können. Es ist vielmehr der Zusammenschluss (in der Regel in der Form eines Zweckverbands) mit anderen Kommunen erforderlich. Das erfordert zusätzlichen Koordinationsaufwand, der durch die ohnehin durch das komplexe Antragsverfahren stark geforderten Kommunen nicht leistbar ist.
Gleichwohl ist das Betreibermodell das zu bevorzugende Modell. Warum?
- Dadurch, dass der Ausbau in der Hand der Kommunen liegt, haben diese Einfluss auf die Qualität des Ausbaus. Sie können also beispielsweise dafür Sorge tragen, dass Verteiler mit einer ausreichenden Zahl an Fasern erschlossen werden, um zukunftsfest zu sein.
- Die Infrastruktur bleibt im Eigentum der öffentlichen Hand. Dadurch verlagert sich der Wettbewerb auf die Dienstleistungsebene, was einen positiven Effekt für die Verbraucher*innen bedeutet.
- Langfristig können aus der Verpachtung der Infrastruktur Gewinne erwirtschaftet werden, die dem kommunalen Haushalt zufließen.
Eine zentrale Stelle für den Breitbandausbau (dazu schon oben) kann hier nicht nur den Aufwand für das Förderverfahren verringern, sondern Kommunen auch gezielt in die Lage versetzen und unterstützen, sich für den Ausbau im Betreibermodell zusammenzuschließen.
Der Rechtsanspruch auf einen Internetanschluss
Um hier weiter voranzukommen, muss es auch einen Rechtsanspruch auf einen schnellen Internetanschluss geben. Schnell muss dabei mittelfristig ein Gigabit im Down- wie auch im Upstream bedeuten. Nur so kann eine staatliche Co-Finanzierung des Glasfaserausbaus in Gebieten, in denen bereits die Zwischentechnologie (S)VDSL oder Kabel-Internet ausgebaut ist, beihilferechtlich gerechtfertigt werden.
Wir müssen dabei auch einen Paradigmenwechsel in Sachen Digitaler Infrastruktur in Betracht ziehen: Weg von durch Betreiber*innen kontrollierter Infrastruktur, hin zur Pflicht, digitale Infrastruktur auf Basis von Open-Access-Modellen zu betreiben. Das aktuelle Modell, das dies nur für die staatlich bezuschusste Infrastruktur vorsieht ist Flickschusterei und führt zu einer Fragmentierung des Breitbandmarktes, die Innovationspotentiale dämpft und durch sich ausschließlich zum Nachteil der Verbraucher*innen auswirkt.
Finanzierung des Ausbaus
Der Ausbau von flächendeckendem Glasfaserinternet wird sich nicht allein durch Zuschüsse und Investitionen der öffentlichen Hand decken lassen. Das gilt auch, wenn der Bund die Anteile an der Deutschen Telekom AG veräußert und den Erlös hieraus (ca. 10 Mrd. Euro) in den Breitbandausbau investiert. Hier müssen Co-Finanzierungen über Bürger*innengenossenschaften geprüft werden: Was in der Energiewirtschaft funktioniert, das kann auch bei der Breitbandinfrastruktur funktionieren. Auf welcher Ebene diese Bürger*innengenossenschaften anzulegen wären ist zu prüfen. In jedem Fall soll die Mittelvergabe vereinfacht über. Sinnvoll ist es auch, ein zeitlich begrenztes Nebenkostenprivileg für Glasfaseranschlüsse (bspw. bis 2035) einzuführen. Von Public-Private-Partnerships muss Abstand genommen werden. Die Vergangenheit zeigt, dass diese Kooperationen stets zu einer Mehrbelastung der öffentlichen Hand, langsamen Umsetzungen und auch gänzlich gescheiterten Projekten geführt haben.
Und der Mobilfunktausbau?
Auch beim Mobilfunkausbau muss es weiter vorangehen. Zuerst müssen wir die Not der Menschen lindern, die in sogenannten weißen oder grauen Flecken wohnen. Unter weißen Flecken versteht man ein Gebiet in dem kein Anbieter ausgebaut hat unter grauen Flecken Gebiete in denen nur ein Anbieter ausgebaut hat. Insbesondere die grauen Flecken sind ein schnell überwindbares Ärgernis: Teilweise wird sich auf den Standpunkt gestellt, dann sollten Menschen eben zu dem Anbieter wechseln, der an ihrem Wohnort verfügbar ist, die Einschränkung wäre ja nur klein, weil keine Auswahl möglich sei. Das geht an der Realität des ländlichen Raums vorbei: Menschen bewegen sich, sind nicht an einem Ort. Um diesem Problem zu begegnen, gibt es Mobilfunk. Gerade im ländlichen Raum gibt es allerdings unterschiedliche graue Flecken, die aneinandergrenzen. In einem Bereich hat Netzbetreiber A ausgebaut, im anderen Netzbetreiber B – welchen Anbieter sollen Bürger*innen dann wählen? In jedem Fall werden sie in ihren persönlichen oder unternehmerischen Tätigkeiten eingeschränkt, weil sie nie sicher sein können, wo sie mit ihrem jeweiligen Anbieter Empfang haben. Diesem Problem muss mit lokalem Roaming beigekommen werden. In grauen Flecken würden Nutzer*innen dann also Zugang zum Netz erhalten, das vor Ort verfügbar ist, wenn ihr eigener Netzanbieter kein ausgebautes Netz vor Ort hat. Bei entsprechender Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung (bspw. durch eine angemessene Geschwindigkeitsbegrenzung) entfällt dabei auch nicht der Anreiz für die Netzanbieter selbst weiter auszubauen.
Daneben muss der 5G-Ausbau vorangetrieben werden. Dieser ist teuer, deswegen muss gelten: Jeder Euro aus der Versteigerung der Frequenzen muss auch zurück in den Ausbau der Infrastruktur fließen. Dass der 5G-Ausbau so teuer ist, liegt dabei vor allem daran, dass „echtes“ 5G nur möglich ist, wenn die Funkmasten per Glasfaser angebunden werden. Hierfür muss gegraben werden und neue Leitungen müssen verlegt werden. Das hat allerdings auch positive Implikationen mit Blick auf den Breitbandausbau: Werden für den 5G-Ausbau Glasfasertrassen angelegt, dann bietet es sich an, eine hohe Anzahl an Fasern zu verlegen, sodass über diesen Weg ohne mehrfache Kosten ländliche Gebiete erschlossen werden können. Hierfür muss der Bund gemeinsam mit den Ländern und den Mobilfunkanbietern eine Strategie entwickeln, damit es tatsächlich klappt, bis 2025 99% der Bevölkerung mit 5G – an jeder Milchkanne – zu erreichen. Rein auf die Anbieter zu vertrauen genügt hier nicht, wie der Erfahrung mit nicht eingehaltenen Ausbauverpflichtungen aus der Vergangenheit zeigt.
Die Relevanz von Satelliteninternet
Für den Breitbandausbau in Deutschland spielt Satelliteninternet nur eine untergeordnete Reihe. Bereits bestehende Angebote setzen in der Regel auf Satelliten im geosynchronen Orbit. Hierdurch sind Latenz und Bandbreite weit von der Qualität entfernt, die mittels Glasfaser realisierbar ist, häufig auch von dem, was über Übergangstechnologien möglich ist. Hier gibt es zwar neuere Angebote, wie zum Beispiel das vom US-Unternehmen SpaceX im Aufbau befindliche Starlink-System, allerdings ist deren Entwicklung zurzeit noch kritisch zu beurteilen. Auf der einen Seite können sie zwar einen Internetzugang von ordentlicher Qualität bieten, auf der anderen Seite stehen allerdings noch viele ungeklärte Fragen. Im Rahmen dieser Projekte soll eine Anzahl an Satelliten genutzt werden, die einer Vielzahl der aktuell im Orbit befindlichen entspricht. Es ist noch unklar, welche Umweltauswirkungen dies hat. Ob hier eine positive Klimabilanz gegenüber dem Ausbau von Glasfaserinternet erreicht wird, darf, insbesondere mit Blick auf die kurzen Nutzungsdauern dieser erdnahen Satelliten, bezweifelt werden. Sorgen hinsichtlich Lichtverschmutzung des Nachthimmels, der Beeinträchtigung der Radioastronomie oder der Verunreinigung des erdnahen Orbits mit Weltraumschrott konnten bisher nicht ausgeräumt werden (Dazu auch kurz in diesem grünen Antrag oder in dieser Folge der Heise-Show). Zuletzt sind aktuelle Projekte in der Hand von Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten. Eine dem europäischen Datenschutz entsprechende Regulierung derartiger Dienste, insbesondere was die Zugriffsmöglichkeiten fremder Geheimdienste angeht, kann damit voraussichtlich nicht gewährleistet werden.
Zuletzt aktualisiert: 22.12.2020